Was mir hilft
Jeder Mensch durchlebt Trauer auf seine Weise. Auf dieser Seite teile ich meinen ganz persönlichen Weg und die Dinge, die mir dabei helfen, mit den Emotionen rund um mein Sternenkind umzugehen.
Austausch mit Sterneneltern
Während meiner Schwangerschaft mit Julien, waren vier meiner engsten Freundinnen ebenfalls schwanger. Sie alle hatten das Glück, ihre Kinder gesund und lebendig in ihre Arme zu schliessen zu dürfen. Mein Baby ist gestorben, meine Arme blieben leer und mein Herz lag in tausend Trümmern. Bis vor kurzem hatte ich einen festen Platz bei meinen Freundinnen, plötzlich hielt ich es dort fast nicht mehr aus. Ihr grosses Glück und meine Trauer, eine herausfordernde Kombination für beide Seiten.
Der rettende Anker war für mich der Austausch mit anderen Sterneneltern. Die gemeinsame Erfahrung des Verlustes seines Babys schafft eine unmittelbare Verbindung und ein tiefes Verständnis füreinander. In der Gesellschaft von Sterneneltern fühlte ich mich weniger allein. Dort konnte ich meine Gedanken und Gefühle offen aussprechen, wissend, dass sie verstanden würden.
Ich traf Sterneneltern unter anderem während meines Rückbildungskurses bei Beatrix Ulrich in Zürich und durch das Register von sternenkinder-eltern.ch. Der Austausch und die Begegnungen waren von unschätzbarem Wert und es sind daraus sogar Freundschaften entstanden.
Basteln und Gestalten
Als Julien starb, fühlte ich eine grosse Leere und Rastlosigkeit. Wohin mit all der Liebe, die ich für ihn empfinde und einer Sehnsucht, die niemals gestillt werden kann?
Am Abend vor Juliens Beerdigung konnte ich kaum aufhören zu basteln. Ich hatte Angst, dass dies das letzte Mal sein könnte, dass ich etwas für Julien tun würde. Ich fühlte mich der Situation hilflos ausgeliefert. Ich wollte doch noch so vieles für Julien tun und ich dachte, ich hätte dafür ein ganzes Leben Zeit. Es dauerte eine Weile bis ich zur Erkenntnis gelangte, dass ich zu meinem Sohn über seinen Tod hinaus eine Beziehung haben kann. Diese Beziehung zu haben und zu pflegen, tut meinem Herzen gut. Bis heute sind Basteln, Schreiben und Gestalten wichtige Werkzeuge für mich. Sie bieten mir die Möglichkeit, der Liebe zu meinem Sternenkind Ausdruck zu verleihen und etwas für ihn tun zu können. Falls auch du etwas für dein Sternenkind basteln und gestalten möchtest, findest du meine Ideen hier.
Menschen mit einem offenen Ohr und Herzen
Das Ausmass von Juliens Tod auf unser Leben war unserem Umfeld zu Beginn nicht klar. Ich erhielt Nachrichten, dass sie hoffen, dass die Trauer bald vorüber sei und ich wieder die unbeschwerte Person wie früher sein könne. Mir ist bewusst, dass die Menschen um einen herum mit ihren Wünschen nur die besten Absichten haben. Einen geliebten Menschen so traurig zu sehen und aushalten zu müssen, dass man nichts ändern kann, ist schwierig. Nichtsdestotrotz liessen mich solche Nachrichten traurig und verletzt zurück. Die Leute um mich herum waren teilweise stolz, dass sie den Mut hatten, etwas zu mir zu sagen, dass ihre Aussagen verletzend waren, registrierten sie nicht. Und auch nicht, dass sie als nicht Betroffene keine Ahnung haben und sich auch nicht in diese Situation hineinversetzen können.
Ich begriff, dass ich dies den Leuten zurückspiegeln muss, wenn ich nicht immer verletzt zurückbleiben möchte. Darüberhinaus musste und muss ich ihnen erklären, dass sie als nicht Betroffene sich nicht im Entferntesten vorstellen können, wie es sich anfühlt, sein Baby nach einem kurzen Moment in seinen Armen für immer vermissen zu müssen. Was dieser Abschied für immer für eine Familie und die Träume von einem gemeinsamen Leben bedeuten. Und das die Liebe, Sehnsucht und Trauer bleiben und das dies okay ist. Dass mit mir alles in Ordnung ist, soweit es eben in Ordnung sein kann. Dass ich nicht darüber hinweg kommen muss, immer noch traurig sein darf und gleichzeitig mein Bestes gebe, den Tod meines Sohnes in mein Leben zu integrieren. Mein Sternenkind in mein Leben zu integrieren, bedeutet für mich, dass Julien einen Platz bei den Lebenden haben darf. Dass ich seinen Namen gerne höre und man mich nicht traurig macht, wenn er erwähnt wird. Im Gegenteil, ich möchte, dass er als vollständiges Familienmitglied angesehen wird, denn das ist er. Ich schaue mir sein Bild an und ich sehe keinen Unterschied zu anderen Babys. Aber all dies, weiss das Umfeld nicht, wenn man es ihm nicht erklärt. Woher auch, ihnen fehlt (glücklicherweise) die Erfahrung und das Thema Kindsverlust ist immer noch ein Tabu. Es liegt also unter anderem an mir, es ihnen zu erklären, wenn ich mich verstanden fühlen möchte. Im besten Fall treffe ich auf ein offenes Ohr, dass bereit ist, richtig zuzuhören und auf ein offenes Herz, dass sich auf ein Kind einlässt, dessen zu Hause bei den Sternen ist und trotzdem überall da ist, wo wir sind.
Sternen schauen
"Wenn du bei Nacht den Himmel ansiehst, wird es dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne haben, die lachen können!" - Aus dem Buch der Kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry. Seit dem Tod unseres Sohnes hat der Sternenhimmel eine grosse Bedeutung in unserem Leben und auch im Leben unseres engsten Umfelds. Der Anblick der Sterne weckt eine Sehnsucht und bietet gleichzeitig eine gewisse Orientierung. Wenn wir uns den Sternenhimmel ansehen, halten wir nach dem Zuhause unseres Sohnes Ausschau. Ein Stern, der wie ein kleiner Diamant funkelt, fällt dabei besonders ins Auge. Oft befindet er sich direkt neben dem Mond und ist daher leicht zu finden. Dieser strahlende Stern bietet eine Möglichkeit über Julien und seine Freunde zu sprechen. Erfahrungsgemäss fällt es dem Umfeld schwer über ein verstorbenes Kind zu reden. Doch davon, dass sie Juliens Stern am Himmel gesehen haben, davon erzählen sie auch mal von sich aus. Teilweise erhalten wir sogar ein Bild vom Sternenhimmel per WhatsApp. Das sind Gesten, die uns sehr berühren.
Musik
Musik begleitet mich durch alle Bereiche meines Lebens. Von kraftvollen Hymnen, die mich auf herausfordernde Situationen vorbereiten, über melancholische Lieder, die mir Raum für meine Trauer geben, bis hin zu tanzbaren Hits fürs Wohnzimmer. Hier ein kleiner Auszug meiner Spotify Playlist, von traurig bis tanzbar und gut für mein Herz.
Yellow, Coldplay
Look at the stars, look how they shine for you and everthing you do
Lüüt so wie mer - aus 'Sing meinen Song' gesungen von Adrian Stern
Wenn dir ei Sekunde dis alte Lebe nimmt und was na gulte hät jetzt plötzlich nümme stimmt.
Day Off, Martin Schenkel
It seems I'm drifting helpless in the sea and there ain't nothing but waves around me
But don't you worry' cause I'm just taking my day off
Together Again, Janet Jackson
Everywhere I go, every smile I see, I know you are there smilin' back on me. Dancin' in moonlight,
I know you are free - Cause I can see your star shinin down on me
Juliens Garten gestalten
Für Juliens Grab auf dem Friedhof bevorzuge ich den Begriff "Juliens Garten". Es fällt mir leichter über einen Garten zu sprechen, der liebevoll gestaltet ist und üppig blüht, als über das Grab meines Sohnes. Ein Garten ist ein lebendiger Ort und so freue ich mich über die Tiere, wie Hummel, Marienkäfer und Schmetterlinge, die Juliens Garten besuchen.
Und obwohl ich mir wünschte, dieser Ort würde nicht existieren, bin ich gleichzeitig dankbar einen Ort zu haben, den ich besuchen und gestalten kann. Die Umgestaltung seines Gartens ist stets mit vielen Emotionen verbunden.
Es ist ein innerer Antrieb, Julien aktiv Zeit zu widmen und etwas zu tun, verbunden mit Tränen und Hilflosigkeit, wenn ich im Blumenladen stehe und nicht weiss, welche Blumen ich für sein Grab auswählen soll. Jedes Mal wünschte ich mir, ich dürfte ihm etwas Schönes zum Anziehen oder Spielen kaufen. In Momenten der Überforderung und Hilflosigkeit bin ich dankbar, dass meine Mama mich bei der Pflege von Juliens Garten berät und unterstützt. Oft erhält sie direkt aus dem Blumenladen einen Anruf und Fotos von mir und gemeinsam finden wir etwas Passendes für Juliens Garten und als Ausdruck unserer Liebe zu ihm.